Wir feiern unser Doppeljubiläum
„Wir ermutigen Menschen, das Leben auf dem Land mitzugestalten.“ Unter diesem Leitbild setzen wir unseren Auftrag um, als Erwachsenenbildungsstätte des Erzbistums Paderborn Anlaufstelle für Menschen aus der Landwirtschaft und dem ländlichen Raum zu sein.
1949 gründete Erzbischof Lorenz Kardinal Jaeger neben dem Sozialinstitut Kommende Dortmund (im Westen des Erzbistums) die Landvolkshochschule als katholische Bauernschule (im Osten). Erster Direktor – wie seine fünf Nachfolger Priester – war Johannes Knauer, auf den 1951 Clemens Brüggemann folgte. „Von Anfang an stand der Mensch im Vordergrund, seine Entwicklung und seine politische Bildung“, bekräftigt Maria Höschen, Dozentin der LVH und Geschäftsführerin der Familienberatung.
Glaube kommt unaufdringlich daher
Der erste Kurs 1949 ist ein Grundkurs gewesen, damals für Männer und Frauen noch getrennt. Im Laufe der Jahre konnten Landwirte und ihre Familien in Hardehausen Kraft tanken. Es gab und gibt Ferienangebote für Bäuerinnen und Betreuung für die Kinder. „Viele Menschen haben lebenslange Beziehungen aufgebaut“, erläutert Stephan Kreye, stellvertretender Direktor.
In verschiedenen Lebensphasen suchen viele Menschen persönliche Bildung und Begleitung, von der jungen Familie bis zu den Senioren. Dabei spielen Glaube und Kirche stets eine wichtige Rolle auf dem Klostergelände, ohne dabei aufdringlich zu sein. „Hier ist es möglich, den Glauben in Gemeinschaft zu feiern, wie es in manchen Gemeinden nicht mehr möglich ist“, weiß Barbara Leufgen, seit 2022 unsere erste weibliche Direktorin.
Viele Ehen unter jungen Landwirten gestiftet
Großen Anteil an dieser Entwicklung hatten natürlich unsere beiden – schon verstorbenen – Ehrenbürger, Msgr. Dr. Wilhelm Kuhne und Dr. Maria Jürgens, die von Beginn der 1960er Jahre bis 1992 die Doppelspitze der Landvolkshochschule bildeten und direkt vor Ort lebten. „Beide waren sehr herzlich, sie haben sich der Sorgen der Menschen angenommen“, erinnert sich Maria Höschen, die sie selbst in ihren Kintertagen kennenlernte.
Und sie hatten Spaß daran, Ehen unter den jungen Leuten zu stiften, ergänzt Barbara Leufgen. „Wenn sie meinten, dass ein junger Mann und eine junge Frau zusammenpassten, gaben sie auch einen Schubs dazu“, fügt sie lächelnd hinzu. Ein Unterfangen, das häufig von Erfolg gekrönt war.
In den 1960er Jahren wurde das Bettenhaus gebaut, dessen sanitäre Anlagen erst auf den Fluren untergebracht waren und nach einem weiteren Umbau 1998 in die Zimmer eingefügt wurden. Im Blick auf den aktuellen Umbau und dem gerade fehlenden Bettenhaus stellt Barbara Leufgen fest: „Wir sind heute in der gleichen Situation wie vor 75 Jahren, wir leben auf einer Baustelle und haben keine eigenen Betten zur Verfügung.“ Doch die Zusammenarbeit mit dem Jugendhaus klappt so gut, dass wir häufig für Übernachtungen auf ihre Zimmer zurückgreifen können.
In 2026 sollen die Umbauarbeiten abgeschlossen sein. „Damit stellen wir uns für die Zukunft auf und werden auch für neue Gruppen attraktiv“, umschreibt Barbara Leufgen wichtige Perspektiven.
LFB hilft beim Generationsstreit
„Ohne die ländliche Familienberatung gäbe es heute unseren Hof und unser Familienleben nicht mehr“, schreibt eine Landwirtin in einem emotionalen Brief an die Ländliche Familienberatung (LFB), als sie vom zehnjährigen Bestehen der Einrichtung erfährt. Mit „klopfendem Herzen“ und „schwitzigen Findern“ habe sie damals die Nummer gewählt, als ihr Familienleben vor dem Scherbenhaufen gestanden habe.
Streit zwischen den Generationen, Schreierei abwechselnd mit drückendem Schweigen hätten vorgeherrscht. „Es ist eine große Leistung, die Kontaktaufnahme zu wagen“, findet Geschäftsführerin Maria Höschen. Die LFB unterstützt Landwirtsfamilien bei beginnenden Krisen ebenso wie in festgefahrenen Situationen, bis die Familien wieder gestärkt und selbständig durchstarten können.
Zwei Berater kommen diskret zu den Familien nach Hause und setzen sich mit ihnen an einen Tisch. Ruhig und konstruktiv wird unter den Familienmitgliedern vermittelt. Die Berater werden intensiv geschult, haben Schweigepflicht und selbst einen landwirtschaftlichen Hintergrund. Niemand muss Angst haben, ein bekanntes Gesicht in dieser Situation zu treffen. „Wir holen bei Bedarf Berater aus Gütersloh oder Unna“, erläutert Höschen.
Vor zehn Jahren wurde die Notwendigkeit erkannt, für das Erzbistum dieses besondere Beratungsangebot aufzubauen, welches landwirtschaftlichen Familien mit privaten oder betrieblichen Sorgen Hilfe zur Selbsthilfe bietet. Inzwischen arbeiten 21 ehrenamtliche Beraterinnen und Berater für die LFB. Das Angebot wird sehr gut angenommen. Rund 1500 Menschen wurden in den vergangenen 10 Jahren begleitet.
Programm
Das Fest wird um 9.30 Uhr mit einem feierlichen Gottesdienst unter Leitung des ehem. Erzbischofs Hans Josef Becker eröffnet. In der Kirche geht es anschließend mit Talkrunden für Grußworte und Glückwünsche weiter. Den Festvortrag hält Dr. Andrea Hötger, ehemalige Dozentin der Landvolkshochschule sowie Leiterin der Ausbildungskurse für die Familienberater. Ihr Thema: „Land mit-gestalten. Wir eröffnen Zukunft und säen Zuversicht.“ Die Stacheligen Landfrauen übernehmen die musikalische Gestaltung, der bekannte Landsatiriker Udo Reineke nimmt die Jubiläen kabarettistisch unter die Lupe.
Gegen 13.15 Uhr gibt es einen Sektempfang zum Anstoßen und das Mittagessen. Um 14.30 Uhr folgt eine Kirchen- und eine Kloster-/ Umbauführung. Zum Ausklang werden Kaffee und Kuchen serviert.
(Verena Schäfers-Michels, Westfalenblatt)