"Respektieren wir unser Grenzen-Los?" - Gottesdienst zum Tag des Landvolks
Das diesjährige Libori-Motto "grenzenlos" stellt sich mit Blick auf die großen Themen des ländlichen Raums als mindestens gewagt heraus. Das wurde im Gottesdienst gleich an mehreren Stellen deutlich.
„Grenzenlos“ stelle eine Herausforderung dar, die oft zweischneidig sei, betonte Uwe Wischkony, Direktor der Landvolkshochschule Hardehausen, in seiner Predigt. (Hier in voller Länge zu sehen) Der Begriff sei zum einen ein Sehnsuchtsbegriff, zum anderen bringe grenzenloses Leben auch grenzenloses Leid mit sich. Wie zum Beispiel das Virus keine Grenzen kenne. Oder wie die Umweltkatastrophe in der letzten Woche sogar ‚unser‘ Land erreiche.
Der Freundeskreis der Landesvolkshochschule hatte die Feier am Dienstag vorbereitet und in Beiträgen und Fürbitten die Grenzenlosigkeit aufgegriffen. Wischkony: „Eigentlich ist es uns ja längst klar. Unser scheinbar unersättlicher Hunger nach immer mehr und immer größer verbraucht die ganz und gar nicht grenzenlosen Ressourcen unserer Welt.“
Es zeige sich, dass unser Leben alles andere als grenzenlos sei. „Das spüren wir auch in der Kirche. Unsere Pastoralen Räumen sind nicht beliebig ausdehnbar. Das merken wir vor allem als Christinnen und Christen auf dem Land.“ Die Entfernungen würden zu groß. Auch der Macht und dem Machtmissbrauch würden zu wenig Grenzen gesetzt. In der Landwirtschaft würde der Zwang zum Wachsen die Betrieben an die Grenzen der Leistungsfähigkeit bringen. „Die Beraterinnen und Berater der ländlichen Familienberatung Hardehausen sind zuletzt nachgefragt worden wie noch nie.“ Der Mensch habe sein Grenzen-Los zu respektieren, brachte es Wischkony auf den Punkt.
Die Sehnsucht nach Grenzenlosigkeit war und ist in der Welle der Solidarität zu erahnen, die beim Aufräumen nach den Überschwemmungen sichtbar wurde. Dort, wo Landwirte ihre Zeit, ihre Arbeitskraft oder ihre Maschinen in der Not zur Verfügung stellten, dort, wo sich die Landfrauenverbände mit den rheinischen Landfrauen verbinden – dort, wo sich Menschen in dieser Form begegnen, öffne sich der Himmel. „Dort, wo wir solidarisch helfen, bezeugen wir den lebendigen Gott.“
In seiner achtjährigen Tätigkeit als Direktor der Landesvolkshochschule in Hardehausen habe ihn immer wieder das Ergebnis einer Umfrage bei Kursteilnehmenden ins Grübeln gebracht. Auf die Frage, was man bei einem Rundgang durch die Natur gesehen habe, seien Wiesen und Äcker, Tiere und Landmaschinen genannt worden. Aber kaum einer habe gesagt, er habe den Bauern gesehen. „Viele Dinge sehen wir, verlieren dabei aber den Menschen aus dem Blick“, so Wischkony.
„Grenzenlos in Solidarität und grenzenlos in Liebe – da ist Jesus unser Vorbild. Das gilt auch für die großen Herausforderungen, vor die uns der Klimawandel stellt. Es gilt nicht nur den Menschen zu sehen, sondern den Menschen in der Schöpfung – in Gottes Schöpfung – zu sehen. Aber ohne Verzicht wird es nicht gehen“, so Uwe Wischkony.
Im weiteren Verlauf des Gottesdienstes verdichteten sich die Gedanken:
Die Grenzen der natürlichen Ressourcen haben wird zu respektieren, mehr denn je.
Die Grenzen der Freiheit eines jeden Menschen gilt es zu akzeptieren, bewusster denn je.
Die Distanzen zwischen Menschen, durch Corona schmerzlicher denn je erfahren, gilt es dagegen zu überwinden, aktiver denn je.
Der Grenzenlosigkeit der Liebe Gottes zu uns dürfen wir uns sicher sein, erfüllter denn je.
(Text von Ronald Pfaff, Erzbistum Paderborn, und Stephan Kreye, LVH Hardehausen)