Miteinander statt Gegeneinander
„Landwirte müssen der Bevölkerung klar machen, was die Leistungen auf ihren Betrieben erbringen, die die Agrarsubventionen rechtfertigen. Gelingt das nicht, hat die Landwirtschaft in unserer heutigen Form keine Zukunft“, vertrat Ulrich Oskamp beim Agrarpolitischen Frühschoppen in der Katholischen Landvolkshochschule Hardehausen klar seine Meinung. Der Landwirt und hauptamtliche Mitarbeiter der Katholischen Landvolkbewegung Münster referierte zum Thema „Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) 2020 – Sinnvolle Förderung oder subventionierte Unvernunft“. Rund 40 Zuhörer, darunter eine Vielzahl an Junglandwirten, Vertretern aus Politik (Fraktion Bündnis 90 Die Grünen) und praktizierenden Landwirten, waren zusammengekommen, um über die Zukunft der Landwirtschaft zu diskutieren.
Die GAP muss den Megatrends der Landwirtschaft nach 2020 gerecht werden: Klimawandel, Globalisierung und Weltbevölkerungswachstum mit einem volatilen Weltmarkt stehen den gesellschaftlichen Ansprüchen nach einer nachhaltigeren Landwirtschaft und veränderten Strukturen (wieder mehr Klein- als Großbetriebe) gegenüber. Der Vorschlag von EU-Agrar-Kommissar Phil Hogan zur GAP 2020-2027 zielt darauf ab, die verschiedenen Ansprüche in Einklang zu bringen. Die drei übergreifenden Ziele: Krisenfestigkeit, Umwelt- und Klimaschutz sowie die Förderung des ländlichen Raums. Zusätzlich hat sich die EU-Kommission auf die Fahne geschrieben, kleine und mittlere Familienbetriebe zu unterstützen und Junglandwirte zu ermutigen, in den Beruf einzusteigen. „Das durchschnittliche Alter eines Landwirts in Europa liegt bei mehr als 50 Jahren“, verdeutlichte Oskamp die Entwicklung. Zur Erreichung der Ziele ist Ein Drittel des EU-Haushalts ist von 2021-2027 für Agrarsubventionen vorgesehen. Von 2021 an will die EU-Kommission den Mitgliedsstaaten die Auswahl und Ausgestaltung der verschiedenen Maßnahmen selbst überlassen. Nur die absolute Förderungshöhe will sie festlegen. Eine Tatsache, die viele Landwirte im Raum die Stirn runzeln ließ. „Haben wir bald 27 nationale Agrarpolitiken?“, war die Frage, die auch Referent Oskamp nicht beantworten konnte. „Bis der Plan endgültig verabschiedet wird, wird noch einige Zeit vergehen. Bislang liegt der Kommission eine große Vielzahl an Gegenvorschlägen vor“, erklärte Oskamp.
Tenor des Vortrags und der Diskussion war: Es muss ein Umdenken stattfinden. Sowohl von Seiten der Landwirtschaft als auch von Seiten der Gesellschaft. Die Bevölkerung dürfe Landwirte nicht als „Subventionskassierer“ verunglimpfen und müsse die Leistungen der Landwirte zu schätzen lernen. Diskussionen sollten anhand wissenschaftlich basierter Fakten, statt auf emotionaler Ebene geführt werden. Gleichzeitig sollten Landwirte sich nicht als Sozialhilfeempfänger darstellen und in ihr Schneckenhaus verkriechen. Auch Produktionsprozesse müssten überdacht werden. Oskamp appellierte an die Junglandwirte im Saal: „Ihr seid die Generation, die Landwirtschaft neu denken muss. Geht auf die Gesellschaft zu, seid selbstbewusst und ehrlich. Steht dazu, was ihr für den ländlichen Raum und für die Bevölkerung leistet.“
Einigkeit herrschte darüber, dass pauschale, an Flächen gekoppelte Direktzahlungen keine Zukunft haben. „Das bisherige System ist gesellschaftlich und wissenschaftlich nicht nachzuvollziehen“, verdeutlichte Oskamp. „Wir müssen weg von dem Begriff ‚Subvention‘ hin zu ‚Entlohnung von gesellschaftlich gewollten Leistungen‘.“
Kirsten Gierse-Westermeier