„Ich habe in meinem Leben noch nie so viele Ställe besichtigt.“
Direktor Uwe Wischkony verlässt zum 01.12.2021 die Landvolkshochschule und beginnt eine neue Aufgabe als Priester in Gemeinde und Krankenhaus in Steinheim (Kreis Höxter). Zum Abschied haben wir ihn nach seinen Erfahrungen befragt.
Wenn Sie an Ihre ersten Wochen und Monate in Hardehausen zurückdenken: Was hat Sie am meisten fasziniert? Was waren die größten Herausforderungen?
Als ich im Oktober 2013 hierherkam, war ich zunächst - wie viele unserer Gäste - von dem Ort, seiner Lage und der alten Klosteranlage beeindruckt. Man fährt auf das Kloster zu, sieht die roten Dächer und spürt den Geist von Hardehausen. Ich erinnere mich, dass ich an einem Abend auf meiner Terrasse saß und immer ein leises „Plop“ hörte. Es dauerte etwas, bis ich dahinterkam, dass das wohl die herabfallenden Äpfel waren. Stille pur. Natur pur.
Was waren besonders wertvolle Erfahrungen für Sie in den 8 Jahren?
Die Gespräche: Die vielen Gespräche am Rande von Veranstaltungen, in den Pausen, in den Kursen. Menschen auf der Suche nach ihrem Weg durchs Leben zu begleiten, das hat mir am meisten Freude bereitet.
Besonders erwähnen möchte ich aber auch unser Team. Ich habe hier hoch motivierte und engagierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erlebt, die für ihre Aufgabe brennen. „Leben und Lernen unter einem Dach“ – die Grundidee der Landvolksschulbildung – habe ich hier hautnah erfahren dürfen.
Wie haben Sie Hardehausen als kirchlichen Ort, als Ort des Glaubens erlebt? Und wie haben Sie versucht, dieses mitzugestalten?
Ganz unterschiedlich. Nicht alle Gruppen kommen mit der Absicht nach Hardehausen, ihren Glauben zu vertiefen. Vielleicht führt sie nur ein Kursthema der beruflichen Bildung hierher. Oder die Erwartung von Gemeinschaft, oder einfach mal raus zu kommen. Andere wollen bewusst mit ihren Kindern oder Enkeln ein religiös geprägtes Wochenende verbringen, sich auf Weihnachten oder die Erstkommunion vorbereiten. Wir bieten Elemente des Glaubens an. Dazu gehören unsere Gottesdienste, Impulse aus der Hl. Schrift, unser Schöpfungsweg, Führungen durchs Kloster, oder spezielle religiöse Themen. Für nicht wenige unserer Gäste ist Hardehausen „ihr“ Ort von Kirche und das über Jahre und Generationen hinweg. Und das hat viel mit Offenheit und Vertrautheit zu tun.
Die Sorge um die Not von Bauernfamilien hat uns bewogen, die Ländliche Familienberatung Hardehausen ins Leben zu rufen. Ich sehe darin einen wichtigen diakonischen Dienst unserer Kirche.
Ganz neu sind Sie mit der Landwirtschaft in Kontakt gekommen. Sie haben viele Grundkursler kennen gelernt, ebenso Verbandsvertreter und viele Landwirt*innen. Welche neuen Erkenntnisse haben besonders nachhaltig auf Sie gewirkt? Welche Herausforderungen der Landwirtschaft sind für Sie die gravierendsten?
Ganz am Anfang habe ich mal gesagt, ich müsste eigentlich ein landwirtschaftliches Praktikum machen. Daraus sind über die Jahre ungezählte Betriebsbesichtigungen geworden. Ich habe in meinem Leben noch nicht so viele Ställe besichtigt, wie in den letzten Jahren. Das hat mir die Augen geöffnet für die Situation der landwirtschaftlichen Betriebe und ihre Nöte. Viele Bauernfamilien stehen unter immensem Druck. Zwischen den ökologischen und ökonomischen Herausforderungen müssen sie ihren Weg finden. Da braucht es kluge Köpfe. Der Spruch von dem dümmsten Bauern, der die größten Kartoffeln ernte, ist einfach nur Mumpitz. Mir ist sehr bewusst geworden, wie wichtig lebenslange Weiterbildung ist. Und zwar nicht nur die fachliche. Um gesellschaftspolitisch wirksam zu werden und mitreden zu können, braucht es den Austausch und die Ermutigung untereinander. Unser Grundkurs ist da ein wichtiger Baustein. Er nimmt den ganzen Menschen in den Blick, mit all seinen Fähigkeiten und Talenten. Er weitet den Horizont und eröffnet Perspektiven. Und das mittlerweile seit über 70 Jahre.
Wie ging es Ihnen als Priester in Hardehausen?
Das ist eine gute Frage, die ich nicht so einfach beantworten kann. Als Direktor der Landvolkshochschule gilt es immer wieder organisatorische und verwaltungstechnische Fragen zu bearbeiten. Rein priesterliche Tätigkeiten sind zunächst nur selten gefragt. Mit der Zeit habe ich dann aber auch für mich entdeckt, welche Aufgaben ich als Priester in der Kursarbeit, im Gottesdienst oder im Seelsorgsgespräch wahrnehmen kann.
Zum 01.12.2021 werden Sie Pastor im Pastoralverbund und Klinikseelsorger in Steinheim, Kreis Höxter. Was waren Ihre wichtigsten Beweggründe für diesen Stellenwechsel?
Nächstes Jahr werde ich 60 Jahre alt. Das hat in mir Fragen wachgerufen. Immer wieder habe ich in meiner Zeit hier in Hardehausen in den umliegenden Gemeinden ausgeholfen. Dabei habe ich entdeckt, dass ich gern in einer Gemeinde leben und arbeiten möchte. Im Gespräch mit dem Personalverantwortlichen ist dann der Plan entstanden zur Hälfte Klinikseelsorger und zur anderen Hälfte als Pastor im Pastoralverbund Steinheim-Nieheim-Marienmünster tätig zu sein. Unser Engagement in den LEADER-Projekten hat mir noch den Kreis Höxter nahegebracht und zu schätzen gelehrt. So freue ich mich weiterhin in der Region tätig sein zu dürfen.
Was wünschen Sie der Landvolkshochschule, ganz Hardehausen für die Zukunft?
„Beständig ist der Wandel.“ Dieses Wort habe ich oft gebraucht. Das Kloster Hardehausen und seine Einrichtungen sind ein lebendiges Zeugnis dafür. Altes und Neues geben sich die Hand und inspirieren sich gegenseitig. Ein schönes Beispiel dafür ist unsere „neue“ Kirche. Sie steht für Weite, Freiheit und für Offenheit. Sie lädt ein, die Schönheit des Glaubens zu entdecken, der hier fast 900 Jahre gelebt wird.
Möge die Landvolkshochschule und das Jugendhaus durch alle Umbrüche hindurch noch vielen Generationen ein Ort der Lebens-Bildung, der Inspiration, der Alltagsorientierung und nicht zuletzt der Glaubensvergewisserung sein.
Vielen Dank für das Gespräch. Wir wünschen Ihnen alles Gute und Gottes Segen für Ihre weitere Zukunft. Natürlich steht Ihnen die Tür der Landvolkshochschule allzeit offen.