Auf der Suche nach einem gemeinsamen Leitbild
NRW-Landwirtschaftsminister Johannes Remmel war am Montag, 13.02.2017, zu Besuch in der Landvolkshochschule Hardehausen. Gut 50 junge Landwirte waren der Einladung zum Dialog gefolgt.
Ausgangspunkt für das Gespräch war die letztjährige Libori-Landvolkkundgebung mit Ministerpräsidentin Hannelore Kraft als Festrednerin. Die jungen Schlussredner Sebastian Aßhauser (Marsberg) und Antonia Albers (Meschede) hatten sich an die Ministerpräsidentin mit den Worten gewandt, sie möge doch bitte ihrem Landwirtschaftsminister mitteilen, dass wir uns mit seiner Politik schwer tun. Dieser Bitte ist sie nachgekommen. Das Landwirtschaftsministerium hat mit der Landvolkshochschule daraufhin diesen Gesprächstermin vereinbart.
Sebastian Aßhauer und Antonia Albers, aber auch Teilnehmer des aktuellen Grundkurses, hatten sich intensiv auf das Gespräch vorbereitet. Um brandaktuelle Herausforderungen der Landwirtschaft sollte es gehen: Image, Tierwohl, wechselnde Verordnungen, und das alles in angenehmer, konstruktiver Gesprächsatmosphäre.
Gleich auf die erste Frage von Antonia Albers, welchen Beitrag die Politik dafür leisten könne, damit das Image der Landwirtschaft sich verbessere, antwortete Johannes Remmel mit dem Wunsch nach einem "gemeinsamen Leitbild". Gemeinsam mit den Landwirten möchte er einen Kodex für nachhaltige Landwirtschaft entwickeln. Mit dem Papier des Ministeriums zur Ethik in der Nutztierhaltung und der Nachhaltigkeitsoffensive des WLV sei man auf einem guten Weg. Er setze sich dafür ein, dass eine Expertenkommission Standards für Tierhaltung bestimme, die dann von den Lebensmittelproduzenten umgesetzt werden, ähnlich wie es beim Wasser läuft.
Über das große Ziel einer nachhaltigen Landwirtschaft gab es schnell Konsens am Tisch. Allerdings wird der Weg dorthin unterschiedlich bewertet. Größtes Problem für die jungen Landwirte sei, so Sebastian Aßhauer, die Planungsunsicherheit. Vor ein paar Jahren haben sich alle auf den neuen Kastenstand eingelassen. Die Ställe wurden genehmigt. Jetzt gäbe es neue Erkenntnisse oder richterliche Entscheidungen, die eingehalten werden müssen, mit der Konsequenz, die Ställe wieder umzubauen. Das kann sich auf Dauer kein Familienbetrieb finanziell leisten. Dem stimmte der Minister ausdrücklich zu, dass hier eine zu hohe finanzielle Belastung bestünde. Umso wichtiger sei es, gemeinsam verlässliche, das bedeutet Standards mit etwa zwanzigjähriger Gültigkeit zu vereinbaren.
Uneinigkeit herrschte auch beim Thema Tierwohl. "Wir behandeln unsere Tiere sehr gut, sonst könnten sie nicht solch gute Leistungen in Form von Fleisch und Milch liefern." Die jungen Landwirte drückten wiederholt und selbstbewusst ihr Arbeitsethos aus.
Minister Remmel entgegnete: "Probleme wie der Einsatz von Antibiotika in der Mast oder zu viel Stickstoffverbrauch im Wasser lassen sich nicht wegdiskutieren." Er müsse die Landwirtschaft insgesamt in den Blick nehmen. Wenn von der EU Strafverfahren angedroht werden, weil in Regionen mit viel Landwirtschaft der Nitratgehalt im Wasser über die EU-Grenzwerte hinausgeht, müsse er tätig werden.
Dem einzelnen Bauern kreidet er kein Verschulden an, wenn dieser Schweineschwänze kupiert oder männliche Küken schreddert. Das Gesamtsystem sorge dafür, dass die Tiere hochgezüchtet werden, allein mit dem Fokus, gutes Fleisch und viel Milch zu liefern. Wenn aber Sauen mehr Ferkel werfen als sie Zitzen haben oder Puten so sehr gemästet werden, dass sie auf den eigenen Beinen nicht mehr stehen können, dann stimmt das System nicht mehr. Der Kritik an CETA und TTIP, den die jungen Landwirte vorbrachten - "Unsere hohen Standards werden in Kanada längst nicht eingehalten." - stimmte der Minister ausdrücklich zu.
Er ermutigte die Bauern, die Bündelung eigener Marktinteressen voranzutreiben. Damit hätten sie eine größere Chance, dem Einzelhandel gegenüber machtvoller aufzutreten und bessere Preise für ihre Produkte zu erzielen. Auf die kritische Rückfrage, ob sie mit den höheren Preisen aber am Weltmarkt bestehen könnten, blieb der Minister eine überzeugende Antwort schuldig. Er brachte lediglich das Wettbewerbsrecht ins Spiel, danach dürfe es keinen Verkauf unter Einkaufspreis geben, das wäre sittenwidrig.
Auch wenn manche Landwirte sich konkretere Antworten auf ihre Fragen gewünscht hätten, wurde doch positiv vermerkt, dass der Minister sich ausreichend Zeit für das Gespräch genommen hat. Er blieb über eine halbe Stunde länger als ursprünglich geplant.