(Selbst-)Verständnis und Wertschätzung für Landwirtschaft bei Kindern wecken und erhalten
Die Anzahl landwirtschaftlicher Betriebe nimmt seit Jahrzehnten stark ab. Dadurch arbeiten und leben auch immer weniger Menschen in und mit der Landwirtschaft. Viele Menschen haben heute keinen Bezug mehr zur Herkunft ihrer Lebensmittel und fühlen sich als Erholungssuchende im ländlichen Raum häufig sogar gestört von lauten Erntemaschinen, Tiergeruch und Wochenend- oder Nachtarbeiten in der Erntesaison. Von Seiten der Landwirt*innen und ihrer Interessenvertretungen wurde über einen langen Zeitraum vernachlässigt, die Technisierung und Modernisierung in der Landwirtschaft für die Verbraucher*innen transparent und nachvollziehbar zu kommunizieren. Kinder und Jugendliche aus städtischen Regionen haben oft ein nicht mehr zeitgetreues Bild einer Bauernhofidylle aus dem vorigen Jahrhundert und sind schockiert, wenn sie Bilder von hochspezialisierten und -technisierten Mastställen sehen.
Um ein realistisches Bild der modernen Landwirtschaft zu zeigen, gibt es inzwischen viele Initiativen. Wenn Kinder lernen, wo ihre Nahrungsmittel herkommen, wer sie herstellt und wieviel Arbeit dahintersteckt, wird auch später ihre Wertschätzung für die produzierten Lebensmittel höher sein. Dies trägt zu mehr Akzeptanz der Landwirtschaft bei, die heute selbst im ländlichen Raum nicht immer gegeben ist.
Bereits im Kleinkindalter haben die meisten Kinder ein ganz natürliches Interesse für die Arbeiten auf landwirtschaftlichen Betrieben: Sie sind begeistert von Traktoren und den zugehörigen Geräten und sind fasziniert von Tieren und Pflanzen. Dieses Interesse kann und sollte genutzt werden, um den Kindern mit zunehmendem Alter spielerisch die Herkunft ihrer Nahrungsmittel und die Wichtigkeit der Landwirtschaft näher zu bringen.
Als Erzieher*innen haben Sie viele Möglichkeiten, mit den Kindern aktiv Landwirtschaft zu erleben: Besuche auf landwirtschaftlichen Betrieben oder Lehrbauernhöfen, das Beobachten von Feldarbeiten im Jahresverlauf oder das Anlegen eigener Beete sind tolle Gruppenaktivitäten, um mehr über Nutztiere und Acker- und Gemüsebau zu erfahren. Viele Kinderbücher (z.B. Wieso? Weshalb? Warum? junior: Was macht der Bauer?), moderne Medien (z.B. Erklär-Videos oder -Webseiten) oder klassische Spielsachen fürs Rollenspiel (z.B. von Playmobil, BRUDER oder Schleich) widmen sich dem Thema Landwirtschaft und Tierhaltung. Begleitet von Erwachsenen, können damit die Abläufe der Lebensmittelherstellung für Kinder erfahrbar gemacht werden. Ich als Mutter und Agrarwissenschaftlerin würde mich sehr über Projektwochen zum Thema Landwirtschaft und Lebensmittelherstellung freuen – dies auch bereits im Kindergartenalter.
Tasja Hellwig ist Dozentin der Landvolkshochschule Hardehausen, hat Agrar- und Pferdewissenschaften studiert und ist Mutter von zwei Kindern (1 und 5 Jahre).